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Canat in Peru

Clara (19) berichtet über ihre Einsatzstelle

Name der Einsatzstelle: CANAT (dt. Hilfseinrichtung für arbeitende Kinder und Jugendliche)

Träger: Jesuiten

Ort: Piura

Land: Peru (Norden)

Größe der Institution/Abteilung: CANAT gliedert sich hauptsächlich in drei Projektteile auf, dazu kommt eine weitere Einrichtung in La Tortuga (einem Fischerdorf an der Küste) sowie einzelne Projekte in den Außenbezirken Piuras und in der Psychiatrie San Juan de Dios.

Mitarbeiterzahl: ca. 20 Angestellte zusammen mit ehemaligen CANAT-Teilnehmenden, die sich freiwillig engagieren

Begünstigte: Kinder und Jugendliche aus armen Verhältnissen, zum Großteil aus den ländlichen Gebieten Piuras, die vermehrt von Kinderarbeit betroffen sind

Angebote der Institution:

  • Manitos trabajando (dt. arbeitende Hände): alternatives Bildungsprogramm, das spielerisch die Persönlichkeitsentwicklung stärkt und die Kinder bzw. Jugendlichen für vielseitige Themengebiete sensibilisiert (Geschlechtergleichheit, Relevanz von Bildung etc.)
  • Manitos creciendo (dt. wachsende Hände): Ausbildungsprojekt für Jugendliche
  • Manitos jugando (dt. spielende Hände): Nachmittagsbetreuung mit spielerischer Bildungsarbeit, einem entwicklungsfördernden Sportprogramm und weiteren wechselnden Angeboten. Zugleich ist «Jugando» Haupteinsatzstelle für die deutschen Freiwilligen.

Außerdem besucht CANAT regelmäßig Familien, betreibt Aufklärungsarbeit und zeigt Präsenz in den Randbezirken Piuras.

Meine Aufgaben: Anfangs war ich vor allem in Manitos trabajando tätig, um dort etwa in der Küche zu helfen, die Kinder zum Duschen zu bewegen oder Fußball zu spielen. Schwerpunktmäßig durfte ich nach einer Eingewöhnungszeit in den Sportgruppen von Manitos Jugando mitarbeiten. Auch die Psychiatrie kam später dazu. Dort begleitete ich Patient*innen in ihrer Musik-, Kunst- und Sporttherapie.

Was sind die besonderen Herausforderungen für mich? Herausforderungen brachte das Jahr allemal mit sich. Das neue Umfeld, die (mir zu Beginn komplett fremde) Sprache oder auch der Umgang mit den unterschiedlichen Geschlechterrollen – das alles forderte mich heraus. Genauso wie die unfassbar direkte Konfrontation mit Armut. Die wohl größte Herausforderung war jedoch der Abschied aus Piura. All die Begegnungen und Erlebnisse hinterlassen tiefe Spuren, die einen verändert zurückkehren lassen. Mit dem Ankommen in Deutschland bin ich deshalb – ein Jahr später – immer noch ein Stück beschäftigt.

Welche Schwierigkeiten/Ängste gibt es? Natürlich war da zu Beginn die Sprachbarriere, die Austausch nur sehr begrenzt möglich machte. Durch das viele Reden und Zuhören ließ sich diese jedoch nach ein paar Monaten überwinden. Schwierig war auch die Begegnung mit unserem postkolonialen Erbe. Im Voraus wurden wir dafür sehr sensibilisiert, weshalb ich es als unfassbar wichtig erachte, den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. Das versuchte ich auch in meine Berichterstattung und Erzählungen zu übertragen. Letztendlich gilt es, seine eigene Rolle und Einstellung immer wieder aufs Neue zu überdenken, denn Peru ist eben mehr als nur ein Bild oder eine Geschichte.

Was macht mir am meisten Spaß? Die Sportgruppe in der Ludoteca zu betreuen machte mir oft großen Spaß, weil ich dort den Kindern nicht nur Freude an Bewegung weitergeben durfte, sondern auch in direkter Weise deren Fortschritte und Veränderungen mitbekam. Die Verbindung von Sport und Persönlichkeitsförderung empfand ich außerdem als sehr spannend und in den meisten Fällen äußerst gewinnbringend. An der Arbeit in der Psychiatrie gefiel mir, dass sie sehr frei und persönlich war. Gemeinsam mit den Patient*innen Tanzaufführungen und Sportprojekte zu erarbeiten war genauso eine großartige Erfahrung wie manchmal einfach nur zuzuhören oder selbst zu erzählen. Allgemein viele Begegnungen zu machen und letztendlich ein paar tiefe Freundschaften zu schließen – das waren die Highlights dieses Jahres.

Was konnte ich lernen? Aus dem Jahr habe ich persönlich unglaublich viel mitgenommen: noch größere Offenheit, Kreativität, Geduld. Den Mut zur Herausforderung, zum Hinterfragen und dem Blick über den Tellerrand, der zwar selten einfach, aber immer nötig ist. Viele Geschichten von inspirierenden Menschen. Hoffnungslosigkeit, weil ich die politische, gesellschaftliche und soziale Situation hautnah mitbekam, aber auch Hoffnung von den Kindern, Freunden und Patient*innen aus der Psychiatrie, die an das Leben oft mit großer Neugier und Begeisterungsfähigkeit herangehen. Ich durfte lernen, dass Heimat auch im Plural gedacht und gelebt werden kann und geknüpfte Verbindungen sich nicht so schnell lösen. Und schlussendlich ist mir noch einmal mit unglaublicher Intensität klar geworden, dass wir in einer Welt leben. Egal, ob schwarz oder weiß, groß oder kleiner, ob Peruaner*in oder Deutsche*r – wir tragen alle Sehnsüchte und Träume, aber auch Ängste und Sorgen in uns, die uns zu Menschen machen.